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Stellungnahme Referentenentwurf Altersvorsorgereformgesetz

Rente

SoVD-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen: Entwurf eines Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (Altersvorsorgereformgesetz)

1 Zusammenfassung des Referentenentwurfs 

Mit dem vorliegenden Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge soll die zusätzliche private Altersvorsorge umfassend reformiert werden. Es sollen neue Produkte geschaffen werden, die renditeorientierte Altersvorsorgedepots ohne Garantien ermöglichen. Darunter soll auch ein Standardprodukt auf den Weg gebracht werden – das „Standarddepot Altersvorsorge – Standarddepot“. 

Es ist grundsätzliches Ziel des Referentenentwurfs, die private Altersvorsorge kostengünstiger, renditestärker, unbürokratischer, flexibler, einfacher und transparenter auszugestalten und sie somit für breite Teile der Bevölkerung attraktiver zu machen. Neue Altersvorsorgeprodukte sollen die bisherige Riester-Rente ablösen, wobei an der bisherigen steuerlichen Fördersystematik festgehalten werden soll. 

Damit wird ebenfalls an dem bisherigen Alterssicherungssystem, das auf mehreren Säulen fußt, festgehalten. Eine Lebensstandardsicherung soll aus der gesetzlichen Rente, der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge erreicht werden. 

Konkret sieht der Referentenentwurf u.a. folgende Regelungen vor: 

  • Schaffung einer neuen Produktwelt: Einführung eines renditeorientierten Altersvorsorgedepots ohne Garantie; Einführung eines Standardprodukts mit einem Kostendeckel bei maximal 1,5 Prozent; Zulassung von Garantieprodukten mit möglichen Garantiestufen bei 80 und 100 Prozent
  • Wechsel des Anbieters nach fünf Jahren ohne Kosten
  • Standardisierte Bereitstellung von Produktinformationen der Altersvorsorgeverträge für Dritte
  • Vereinfachung der steuerlichen Förderung: Wegfall der einkommensabhängigen Mindesteigenbeitragsberechnung; Neujustierung der Grund- und Kinderzulage
  • Bestehende Altersvorsorgeverträge können beibehalten oder in die neue Förderung überführt werden 

Mit dem vorliegenden Referentenentwurf werden Empfehlungen der Fokusgruppe private Altersvorsorge aufgegriffen. 

2 Gesamtbewertung 

Aufgrund der kurzen Stellungnahmefrist ist eine detaillierte Bewertung des vorliegenden Referentenentwurfs nicht möglich. Die Stellungnahme bezieht sich daher im Wesentlichen auf die Bewertung der Zielstellung des Entwurfs. 

Für den SoVD steht die gesetzliche Rentenversicherung im Mittelpunkt der Alterssicherung in Deutschland. Sie muss den Lebensstandard im Alter sichern und weiter gestärkt werden. Der Ausbau der privaten Altersvorsorge darf daher niemals zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung gehen. Daher begrüßt der SoVD an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich, dass der Deutsche Bundestag am 5. Dezember 2025 das erste Rentenpaket mit der Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent verabschiedet hat. Ein stabiles Rentenniveau bei 48 Prozent – das auch auf der aktuell gültigen Berechnungsgrundlage beruht – muss bei allen weiteren Reformüberlegungen der Alterssicherung in Deutschland mindestens gewahrt bleiben, perspektivisch auch wieder angehoben werden. Denn es ist Garant einer zuverlässigen, leistungsstarken und an den Wohlstand gekoppelten Alterssicherung in Deutschland. Die private und betriebliche Altersversorgung dürfen nur eine Ergänzung sein. 

Die mit Einführung der Riester-Rente verbundenen Erwartungen, das planmäßige Absenken des Rentenniveaus durch private Altersvorsorge auszugleichen, haben sich nicht erfüllt. Seit nunmehr mehreren Jahren ist die Zahl der Riester-Verträge rückläufig – von einem ohnehin nicht ausreichend hohen Niveau aus. Gleichzeitig sind Riester-Verträge mit sehr hohen Vertragskosten verbunden, die Fördersystematik ist sehr komplex und in der Fülle von möglichen Riester-Renten gibt es zu wenig Transparenz. Ob jemand ein wirklich gutes Riester-Produkt hat, ist nicht offensichtlich, geschweige denn die damit verbundenen Kosten. Jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass der Gesetzgeber weiterhin auf ein Mehrsäulensystem in der Alterssicherung setzt und es bereits viele Menschen gibt, die darauf vertrauen, ist es sinnvoll, die private Altersvorsorge zu reformieren und dabei vor allem die Kosten, Transparenz und Einfachheit der Produkte im Blick zu behalten. 

So ist gegenüber dem Status Quo grundsätzlich zu begrüßen, dass ein Standardprodukt eingeführt werden soll, dass einfach, transparent, kostengünstig und mit einem Kostendeckel ausgestaltet ist. Dieses Standardprodukt soll von allen Anbietern angeboten werden. Ausgenommen bleiben Anbieter, die auf die Eigenheimrenten-Förderung spezialisiert sind. Es stellt sich jedoch die Frage, warum der Kostendeckel bei 1,5 Prozent liegt und nicht niedriger angesetzt wird und warum dieser Kostendeckel nicht für weitere private Altersvorsorgeprodukte gilt. Bei der privaten Altersvorsorge wird der Blick gerne nach Schweden gerichtet. Dort ist der schwedische Staatsfonds mit Verwaltungskosten von rund 0,1 Prozent deutlich kostengünstiger. 

Wer maximal renditestarke Produkte möchte – also Chancen auf hohe Zugewinne –, der braucht Produkte, die auf Garantien verzichten. Diese Möglichkeit wird mit dem vorliegenden Entwurf eingeführt. Gleichzeitig bleiben Modelle mit Garantien möglich. Hier kann zwischen 80 Prozent und 100 Prozent garantiertem Kapital zu Beginn der Auszahlungsphase gewählt werden. Das entspricht dem Sicherheitsbedürfnis vieler Sparer*innen in Deutschland, weshalb es richtig ist, dass Produkte mit Garantien erhalten bleiben. 

Es ist aus Sicht des SoVD sinnvoll, dass die Fördersystematik entschlackt werden soll. Bisher muss ein bestimmter Eigenbeitrag geleistet werden, um die volle Grundzulage in Höhe von 175 Euro zu erhalten. Die Berechnung dafür ist sehr kompliziert und kaum nachvollziehbar. Mit dem vorliegenden Entwurf soll eine beitragsproportionale Zulagenförderung eingeführt werden, das heißt für jeden eingezahlten Euro werden 30 Cent auf den Altersvorsorgevertrag gezahlt. Dies gilt bis zu einem Eigenbeitrag von 1.200 Euro. Darüber hinausgehende Eigenbeiträge werden bis 1.800 Euro mit 20 Cent pro Euro gefördert. Dieses zweistufige Fördermodell soll vor allem kleine und mittlere Einkommen begünstigen. Gleichzeitig steigt die Förderung, je höher der Eigenanteil ist. Es bleibt daher dabei: Wer mehr hat, kann auch mehr ansparen. Sinnvoll ist es hingegen, dass nach fünf Jahren für einen Anbieterwechsel keine Kosten mehr anfallen. Es ist auch richtig, dass für ältere Verträge ein Bestandsschutz gelten soll und die Möglichkeit besteht, mit alten Verträgen in die neue „Produktwelt“ und Fördersystematik zu wechseln. Das stärkt das Vertrauen in die Politik all derjenigen, die vor mehreren Jahren auf die Riester-Rente vertraut haben. 

Insgesamt stellt sich uns als SoVD jedoch die Frage, warum in der notwendigen Debatte um die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland der Blick immer nur auf die Kosten und weniger auf die Leistungsseite gelegt wird. Auf der Leistungsseite überzeugt vor allem die gesetzliche Rente mit ihrem umfangreichen Angebot, auch jenseits der Altersrenten, ihrer Zuverlässigkeit, Anpassungs- und Krisenfestigkeit. In der Debatte werden gleichzeitig allein die Kosten der gesetzlichen Rentenversicherung betrachtet. Die anderen Systeme kosten auch Geld. Konkret ist es bei der privaten Altersversorgung, wie sie geplant wird, nicht nur die steuerliche Förderung, sondern jeder Euro, den die Beschäftigten allein aufbringen müssen, um für das Alter vorzusorgen. Haben sie diesen Euro nicht zur Verfügung, weil ihr Einkommen nicht ausreicht, dann müssen sie damit leben, dass Leistungen bei der gesetzlichen Rentenversicherung möglicherweise weiter abgebaut werden und sie dadurch am Ende ihres Erwerbslebens auf die Grundsicherung verwiesen werden. 

Als SoVD finden wir es daher wichtig, dass bei allen weiteren Diskussionen um die Alterssicherung in Deutschland die Kosten aller Systeme betrachtet werden, um ein umfassendes, ehrliches Bild zu erhalten. 

Berlin, 10. Dezember 2025 

DER VORSTAND
Abteilung Sozialpolitik